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Von steifen Brisen, weiten Stränden und zauberhafter Natur

Ein langgehegter Wunsch von mir war es einmal im Winter ein paar Tage auf einer Nordseeinsel zu verbringen. Ich wollte die Einsamkeit und die pure Natur erleben. Und so verbrachten wir den Jahreswechsel 2019/2020 auf der wunderschönen Insel Juist.

Dummerweise dachte ich nicht daran, dass die Weihnachtsfeiertage sowie Silvester und Neujahr zur Hochsaison einer Insel gehören und das Einsamkeit zu dieser Zeit hier eher ein Fremdwort ist. 

Die Tage zuvor waren wir bei unseren Familien in Norddeutschland und gingen unter anderem auf Entdeckungstour in Leer. Was wir dort erlebten könnt ihr in einem weiteren Beitrag nachlesen. Soviel sei aber bereits gesagt: --> Leer in Ostfriesland ist eine Reise wert. 

Ankommen und durchatmen

Von Leer fuhren wir mit der Bahn nach Norddeich-Mole. Mit zwei Koffern und Fotoausrüstung in einem vollen Zug war es zwar nicht so entspannt wie immer gesagt wird, aber nach einer guten Stunde erreichten wir bereits unser erstes Zwischenziel. In Norddeich-Mole befinden sich zwei Fähranleger. Der eine bringt die Passagiere nach Norderney und der andere nach Juist. Am Bahnsteig hielten wir uns links und brachten unsere Koffer zu den Kofferwägen, die zur Juist Fähre gehören. Wichtig hierbei! Merkt euch die Nummer des Wagens, damit die Koffer bei Ankunft auf der Insel schnell wieder gefunden werden können.

Wir hatten unsere Schifffahrt bereits mit dem Erwerb der Bahntickets online gebucht und hätten somit gleich aufs Deck gekonnt, wäre da nicht diese riesige Warteschlange gewesen. Hmm hier merkte ich das erste Mal, dass Juist im Winter wohl doch kein Geheimtipp war.

Das Stehen in der Kälte war nicht wirklich angenehm und es kam noch schlimmer. Kurz bevor wir an der Reihe waren, wurde der Gang abgeriegelt und es wurde keiner mehr aufs Schiff gelassen. Es war voll - und nun? Unruhe machte sich breit, aber da nahte schon Hilfe. Kurzerhand wurde eine zweite kleinere Fähre bereit gemacht und die übrigen Gäste fuhren mit dieser zur Insel rüber. Da diese kleiner war und weniger Tiefgang hatte war sie sogar schneller als die große Fähre, die sich einen etwas weiteren Weg durch die Fährrinne bannen musste. Blöderweise waren unsere Koffer aber genau dort und so mussten wir nach einer kurzen Überfahrt von nur einer guten Stunde noch relativ lange auf das andere Schiff und unsere Koffer warten. Die Zeit nutzten wir dazu uns im Fährterminal aufzuwärmen und unseren Kurbeitrag zu bezahlen. Außerdem erkundeten wir schon einmal die nähere Umgebung. So sieht man gleich wenn man in den Hafen einfährt das Seezeichen in Form eines Segels. Auch der Leuchtturm "Memmertfeuer" auf einer Wiese fiel uns gleich auf. Er stammt von der Vogelinsel Memmert, ist heute aber nicht mehr in Betrieb. 

Eine weitere Besonderheit sind die Kofferwägen der Hotels und Ferienwohnungen, die am Fährhafen für die Gäste zur Verfügung stehen, damit das Gepäck ganz einfach zu den Unterkünften transportiert werden kann.  

Auf Erkundungstour durch die Dünen

Unsere Unterkunft wählten wir im Ostdorf. Da der Ortskern von Juist sehr übersichtlich und die Insel zwar lang (ca. 17 km und somit die längste der Ostfriesischen Inseln ist), aber nur maximal 500-900 m breit ist, gelangten wir überall schnell hin. Wir hatten uns eine kleine Ferienwohnung im Haus Fissers Ferienruh ausgesucht und fühlten uns hier rundum wohl. 

 

Nur wenige Schritte von der Ferienwohnung entfernt befindet sich der Otto-Leege-Pfad. Auf rund einem Kilometer konnten wir uns mit Hilfe von Schautafeln über die Natur und die ökologischen Besonderheiten der Düneninsel informieren. Auf unserem Weg stapften wir eine Sanddüne hinauf und ließen den wunderbaren Rundumblick auf uns wirken, wir probierten uns an einer Klangschale und brachten Wasser zum vibrieren und staunten über eine Klangharfe und die durch den Wind erzeugten Töne. Wir erreichten eine Hütte mit Informationen zum Leben des Namensgebers und spazierten im Anschluss über einen schön angelegten Bohlenweg weiter zu einer Aussichtsplattform. Dieser Spaziergang war kurzweilig und ist durchaus empfehlenswert. 

Go West! Mit dem Rad Richtung Bill

Der nächste Tag versprach Traumwetter. Und so entschlossen wir uns Räder zu mieten. Wir wurden bei einem Radverleih direkt um die Ecke fündig und mieteten für zwei Tage gewöhnliche Holland-Räder bei Juist Pirates

Und schon konnte es losgehen. Wir fuhren zunächst durch den Hauptort und dann immer weiter in den Westen der Insel. Puh, obwohl es fast ausschließlich flach auf der Insel ist, kamen wir ganz schön ins Schwitzen, denn was man schnell leicht unterschätzt ist der Wind. Wir strampelten fleißig gegen den Gegenwind an. Umso erfreuter waren wir als wir eine Pause einlegen konnten, denn ein Schild wies uns rechts die Dünen hinauf zum Hammersee. Er ist der größte Süßwassersee der Ostfriesischen Inseln und entstand nachdem die Insel bei einer schweren Sturmflut in zwei Teile geteilt wurde und im Anschluss durch Menschenhand wieder verbunden wurde. Kurzerhand entschieden wir uns eine Wanderung um den See zu machen. Die Räder abgestellt und schon marschierten wir los. Bereits nach wenigen Schritten erreichten wir eine Aussichtsplattform und von dort folgten wir dem Weg rechts um den See herum. Zunächst durch ein Wäldchen mit verwunschenen Bäumen und dann auf der anderen Seite wieder zurück. Bevor wir jedoch zu unseren Rädern zurückkehrten, erspähten wir noch eine andere Aussichtsplattform. Von hier hatten wir einen wunderschönen Blick auf den Strand und das dahinterliegende Meer. Da der Weg dorthin sehr verlockend aussah wanderten wir noch zum Strand hinunter ehe wir auf gleichem Weg zurück zu unserem Ausgangspunkt spazierten. 

Mit den Rädern fuhren wir im Anschluss noch ein Stück weiter zur bekannten Domäne Bill um einzukehren. Sei es dem guten Wetter geschuldet oder dass doch mehr Menschen auf der Insel waren als erwartet, wir bekamen keinen Platz. Nach einer kurzen Verschnaufpause im Strandkorb im Garten des Cafés machten wir uns auf den Rückweg. Nun mit Rückenwind war die Radtour gleich viel entspannter. Bevor wir jedoch den Ortsteil Loog erreichten entschieden wir uns dazu doch noch einen Stopp einzulegen und hielten an der Domäne Loog. Im Anschluss radelten wir gut gestärkt zurück zur Unterkunft. 

Natur pur und die gute Tat am Ostende

Am nächsten Tag wollten wir erneut eine Radtour mit einer Wanderung verbinden und fuhren dieses Mal ans andere Ende der Insel. Hier befindet sich unter anderem der Flugplatz von Juist. Wir parkten unsere Räder und gingen zu Fuß weiter Richtung Kalfamer, dem Ostende der Insel. Der Zutritt ist zu den Brutzeiten der Vögel im Frühjahr und Sommer nur mit spezieller Führung gestattet. Im Winter kann man allerdings auf eigene Faust auf den markierten Wegen auf Erkundungstour gehen. 

Wir folgten den grünmarkierten Pfosten zunächst an Schautafeln entlang zu einer Hütte in der wir weitere Informationen vorfanden. Die meisten Besucher kehren hier wieder um. Wir wollten aber mehr entdecken und so folgten wir weiter den Markierungen ins Landschaftsschutzgebiet. Hier waren wir das erste Mal so richtig allein und je weiter wir in den Osten gingen umso mehr wurde uns die Weite und Einsamkeit bewusst. Der Weg war immer wieder überschwemmt, aber letztendlich erreichten wir den Strand und erhielten einen tollen Blick auf die Nachbarinsel Norderney sowie Hurra! auf Seehunde die in der Sonne badeten. 

Nun ging es für uns an dem riesigen Strand entlang zurück. Wir kamen uns ein wenig verloren vor und an dieses Gefühl mussten wir uns erst einmal gewöhnen, denn die Weite ist erstaunllich, dazu keine Menschenseele. 

Leider mussten wir auch feststellen, dass der Strand hier mit Unrat übersät war. War der Strand am Westende, der Bill noch völlig unversehrt so entdeckten wir hier an jeder Ecke Plastik, Schnüre und vieles mehr. Später recherchierten wir, dass viele Sachen von einem havarierten Containerschiff Anfang 2019 stammten. Ein Großteil der Sachen wurde bereits beseitigt, aber es wird immer wieder etwas angespült. Unsere gute Tat am Silvesternachmittag bestand nun darin den Strand sauberer zu machen. Schnell hatten wir einen großen Sack mit Müll gesammelt. Je weiter wir vorankamen umso mehr Menschen trafen wir wieder und siehe da - wir animierten zum Mitsammeln. 

Unseren Rückweg wollten wir zunächst über einen Pfad in Angriff nehmen der uns zurück zur Schutzhütte bringen sollte, allerdings stand auch hier alles unter Wasser so dass wir nicht durchkamen und umkehren mussten. Zurück am Strand liefen wir noch so lange westwärts bis wir einen Aufgang zum Flughafen fanden. Wir kamen fast an der Stelle wieder über die Dünen an der wir unserer Räder abgestellt hatten. Perfekt. Wir sind ca. 10 km gewandert. Wie lange wir gebraucht haben kann ich im Nachhinein nicht mehr abschätzen. Das Fotografieren, Müll sammeln und immer wieder Innehalten und die Natur zu genießen lies uns die Zeit vergessen. Vom Flugplatz ging es dann gemütlich mit dem Rad zurück zur Unterkunft.

Neujahr am Strand

Nach einer doch größeren Silvester-Sause starteten wir ruhig in den nächsten Tag. Auch das Wetter spielte heute nicht mit und es war grau in grau. Ein morgendlicher Spaziergang am Strand machte uns den Kopf wieder frei, auch wenn es ein seltsames Gefühl war durch die Nebelschwaden zu spazieren. Es waren weder die Dünen noch das Meer zu sehen als wir uns auf dem breiten Sandstrand befanden, aber die frische Luft erfüllte ihren Zweck. 

Gegen Mittag gab es ein besonderes Event am Hauptstrand. Das Neujahrsschwimmen in der kalten Nordsee stand an. Wir staunten über die vielen Zuschauer aber noch viel mehr über die Wagemutigen, die sich in das kalte Wasser stürzten. 

Im Anschluss spazierten wir nochmals am tollen Strand zurück zu unserer Unterkunft, um uns für die Abreise am nächsten Tag vorzubereiten. 

Einmal Juist - immer Juist?!

War dieser Kurzurlaub auf einer Nordseeinsel im Winter das was ich erwartet hatte? Nein. Aber es war dennoch wunderschön und ich konnte genügend Natur erleben um richtig abzuschalten und auszuspannen. Allein, dass doch mehr auf der Insel los war als angenommen brachte mich etwas aus dem Konzept.

Zudem kommt, dass tolle Lokalitäten, die in Reiseberichten angepriesen werden oft recht überfüllt waren. So wollten auch wir einen Rosinenstuten in der Domäne Bill verspeisen oder das urige Lütje Teehuus besuchen und uns die selbstgemachten Waffeln schmecken lassen, aber keine Chance - wir bekamen keinen Platz. Das hielt uns natürlich nicht davon ab die Zeit auf der Insel zu genießen. 

Und gerade in der Hauptsaison ist für jeden etwas dabei - wer Ruhe sucht oder wer unter Leuten sein möchte - es wird jeder genau das Richtige für sich finden. Das macht so eine Insel vermutlich so liebenswert.

Kommen wir wieder? Vielleicht. Wir sind definitiv nicht die Urlauber, die mehrmals an einen gleichen Ort fahren, sondern sehen uns lieber etwas Neues an. Wir würden aber gerne nochmal in der Nebensaison kommen, wenn es wirklich ganz ruhig ist und dabei komplett ausspannen. Mal schauen. Vielleicht gibt es einen Juist Teil 2. 

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Kommentare: 1
  • #1

    Saathoff (Freitag, 06 März 2020 13:10)

    Huhu aus Aurich. Vielen lieben Dank für deine Eindrücke und die wunderschönen Aufnahmen. Juist hält einen gefangen, der man kann es gar nicht in Worte fassen was diese Zauberinsel mit einem macht. Es gibt immer neues zu entdecken. Ich bin das erste Mal 2018 dort gewesen. Dann 2019 und ich dachte schon ich habe alles gesehen, was ich dem ist nicht so. Also heißt es wieder im August Urlaub auf Juist. Ich mit mir ganz alleine du glaubst gar nicht wie schön das ist. Die reinste Erholung auch wenn ich nur 5 Tage bleiben kann. Ich freue mich jetzt schon riesig auf all die schönen Momente und die vielen Dinge und Orte die ich noch nicht erkundschaftet habe.
    Das schöne daran ist das man nach einem Urlaub auf Juist so lange in Erinnerungen schwelgen kann.
    GLG
    Gerlinde